Seit Ende Juni enthält das „Amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung“ einige neue Regelungen, die Sie kennen sollten. Erarbeitet wurden sie vom Rat für Deutsche Rechtschreibung, der dafür verantwortlich ist, dass die Einheitlichkeit der Rechtschreibung im deutschen Sprachraum bewahrt bleibt. Im Regelteil wurden vor allem die Paragraphen 25 E3 und 63 E4 geändert.
1. Es gibt nun ganz offiziell ein großes Eszett
Falls Sie sich spontan fragen, wofür man das denn brauchen kann: Bisher musste bei der Schreibung in Großbuchstaben (Versalien) ein Eszett durch zwei S ersetzt werden. Dadurch wurde etwa die Flößerstraße zur FLÖSSERSTRASSE und aus Frau Nußbaum eine FRAU NUSSBAUM.
So lautet die offizielle Regelung dazu:
§ 25
E1: (…)
E2: Steht der Buchstabe ß nicht zur Verfügung, so schreibt man ss. In der Schweiz kann man immer ss schreiben. Beispiel: Straße – Strasse
E3: Bei Schreibung mit Großbuchstaben schreibt man SS. Daneben ist auch die Verwendung des Großbuchstabens ẞ möglich. Beispiel: Straße – STRASSE – STRAẞE.
Typografisch gab es zwar das große Eszett schon länger, aber seine Verwendung war nach den amtlichen Regeln der deutschen Rechtschreibung nicht korrekt. Die Problematik der früheren Regelung habe ich im Beitrag s oder ss? schon einmal aufgegriffen und am Beispiel einer Überschrift illustriert, die Großes leisten! hieß und in Versalien eben: GROSSES LEISTEN!
Ab sofort ist GROẞES LEISTEN! nicht nur wünschenswert, sondern auch korrekt geschrieben.
Und wie habe ich das mit dem GROẞEN ẞ jetzt gemacht?
Schließlich findet sich dieser Buchstabe nicht auf der Computertastatur. Aber man kann ihn auf dem Umweg über die Tastenkombination 1E9E Alt-C erzeugen. Damit können wir uns behelfen, bis sich die Tastaturhersteller eine praktischere Lösung einfallen lassen.
Nachtrag im November 2017: Alternativ funktioniert auch die Tastenkombination [Alt Gr] + [Shift] + ß. Danke an unseren Leser Yak für diesen guten Tipp!
2. In bestimmen Fällen ist nun die Großschreibung von Adjektiven erlaubt
§ 63 Feste Verbindungen aus Adjektiv und Substantiv
(…)
(3) Der adjektivische Bestandteil wird großgeschrieben
(3.1) bei Titeln, Ehren- und Amtsbezeichnungen, zum Beispiel:
der Regierende Bürgermeister, die Königliche Hoheit, der Heilige Vater, der Erste Staatsanwalt, die Leitende Ministerialrätin
(3.2) bei offiziellen sowie kirchlichen Feier- und Gedenktagen, zum Beispiel:
der Erste Mai, der Internationale Frauentag, der Heilige Abend
E4: Bei Funktionsbezeichnungen sowie bei Benennungen für besondere Anlässe und Kalendertage kann großgeschrieben werden, zum Beispiel: der erste/Erste Vorsitzende, der technische/Technische Direktor; die goldene/Goldene Hochzeit, das neue/Neue Jahr
Das komplette amtliche Regelwerk der deutschen Sprache finden Sie übrigens hier.
Speziell das neue Jahr war in der Vergangenheit von sehr vielen Menschen bereits (mit Glückwünschen) zum Neuen Jahr gemacht worden. Zukünftig ist das auch ganz offiziell richtig. Ich persönlich finde es nur konsequent, erst zum Heiligen Abend und dann zum Neuen Jahr gratulieren zu dürfen.
Allerdings hat der Rechtschreibrat ausdrücklicht betont, dass eine weitere beliebte Großschreibung nach wie vor falsch ist, nämlich die beim Willkommensgruß:
Herzlich willkommen! ist und bleibt die einzig richtige Schreibweise
Denn außer in den oben genannten Fällen werden Adjektive nach wie vor klein geschrieben. Dieser freundliche Römer hat sich diesbezüglich also leider geirrt:
Korrekt wäre allenfalls
Ein herzliches Willkommen!
Denn hier ist Willkommen ein Substantiv, und als solches schreibt man es groß.
3. Bei der Eindeutschung von Fremdwörtern wurde zurückgerudert
Der Rechtschreibrat hat beobachtet, dass sie sich nicht durchsetzen, die komischen „deutschen“ Schreibungen wie Wandalismus oder Ketschup. Deswegen hat er etliche dieser Schreibungen aus seinem Wörterverzeichnis 2017 entfernt.
So ganz konsequent war er dabei aber nicht, wie meine kleine Stichprobe ergeben hat. Denn man schreibt jetzt richtig:
- Chicorée, aber nicht mehr Schikoree (der mit Sch hatte es übrigens in den Duden ohnehin nie geschafft)
- Chimäre, aber nach wie vor auch Schimäre
- Creme, neu auch Crème, aber nicht mehr Krem (die ist im Duden noch als „veraltet“ enthalten)
- Malaise, nicht mehr Maläse (die hatte es auch nie in den Duden geschafft)
- Mayonnaise, nicht mehr Majonäse (die steht aber im Duden)
- Polonaise, aber nach wie vor auch Polonäse (beide im Duden)
Naja, da hat der Rechtschreibrat halt auch in Zukunft noch etwas zu tun, bis er die Malaise mit der Polonäse erledigt hat …
Weitere Tipps zum Thema finden Sie auf unserer Seite Best of Rechtschreibung.
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