Lieferschwierigkeiten ankündigen – Praxisbeispiele und Formulierungstipps

Auch zum Beginn des dritten „Corona-Jahres“ nehmen die Lieferschwierigkeiten in vielen Branchen einfach kein Ende. Lieferprobleme gehören derzeit in vielen Branchen zu den drängendsten Themen. Also steht man in Industrie und Handel wieder und wieder vor der Aufgabe, den Kunden zu erklären, dass und warum die Lieferzeiten lang und länger werden. Lieferprobleme sind kein Schreibanlass, der Freude macht. Wohl auch deswegen fallen viele dieser Erklärungen ziemlich dürftig und ungeschickt aus.

Dabei wäre es oft gar nicht so schwierig, es besser zu machen. Wie das geht, zeige ich anhand von drei Beispielschreiben, die mein Mann in seinem Unternehmen erhalten hat.

Lieferschwierigkeiten mitteilen: Drei Praxisbeispiele mit Stilkritik

Grundsätzlich gehören folgende Inhalte in ein solches Schreiben:

  • In welchen Bereichen gibt es Lieferschwierigkeiten?
  • Auf welche Lieferzeiten muss sich der Kunde einstellen?
  • Was tut das Unternehmen, um die Lieferfähigkeit zu verbessern bzw. was kann das Kundenunternehmen tun?

Beispiel 1: Information zu dürftig

Ein Lieferant verfasste ein Kundenrundschreiben mit mehreren Inhalten. Darunter fand sich auch ein kurzer Passus zu den aktuellen Lieferzeiten:

Bitte beachten Sie, dass wir aktuell von einer Produktionszeit für nicht lagernde Artikel von ca. 15 Tagen ausgehen.

An den kommenden Samstagen wird unsere Produktion zusätzlich vollumfänglich arbeiten, um Ihre geschätzten Aufträge zeitnah zu bearbeiten.

Wir bitten Sie, dies in Ihren Bestellungen zu berücksichtigen.

Warum ist das zu dürftig? Weil zum einen nicht klar wird, welche Artikel konkret von denen Lieferproblemen betroffen sind (gibt es dazu eine Übersicht?) und zum anderen die Lieferzeiten zum Kunden nicht erwähnt werden. Schließlich gibt es auch hier Engpässe.

Positiv zu vermerken ist der Samstagseinsatz, aber die Formulierung wirkt sehr gestelzt. Vollumfänglich arbeiten und geschätzte Aufträge sind doch recht altmodisch und zeitnah ist ein Wort, bei dem ein Einkäufer wegen seiner Unbestimmtheit graue Haare bekommt.

So geht es besser:

Wir werden an den kommenden Samstagen Sonderschichten einlegen, um unsere Produktionsmengen zu steigern und Ihre Aufträge schneller ausliefern zu können.

Trotzdem müssen wir derzeit bei nicht lagernden Artikeln (welche das sind, können Sie hier nachsehen: …) mit einer Produktionszeit von etwa zwei Wochen rechnen. Von der Bestellung bis zum Wareneingang bei Ihnen können daher bis zu drei Wochen vergehen. Bitte berücksichtigen Sie das bei Ihrer Planung.

Beispiel 2: Information schlecht verständlich

Die globalen Beschaffungsschwierigkeiten haben auch Einfluss auf unsere Lieferkette. Die Produktion und folglich der Nachschub von unseren X- und Y-Produkten ist zurzeit erschwert.

Bitte beachten Sie unsere wöchentlich erscheinende Lieferzeitenliste, jetzt neu mit einer Excel-Datei, mit der die Möglichkeit besteht, von all unseren Artikeln die entsprechenden Lieferzeiten abzufragen. Sollten Sie noch nicht im Verteiler der Lieferzeitenliste sein, senden Sie bitte eine Nachricht an x@y.de.

Wir setzen alle Hebel in Bewegung, dass wir die betroffenen Artikel bald wieder mit regulären Fristen liefern.

Okay, dass es in Deutschland aktuell Lieferengpässe in vielen Branchen gibt, wissen wir. Als Kundin bin ich nun informiert, dass dieses Unternehmen in bestimmten Produktbereichen davon auch betroffen ist. Aber was ist das mit dieser Liste? Sie beinhaltet eine Datei, von der ich etwas abfragen kann, wenn ich mich in den Verteiler eintragen lasse … das verstehe ich nicht.

So erklären Sie die Sache mit der Lieferzeitenliste besser:

Auch wir kämpfen bei einigen Produkten mit Beschaffungsschwierigkeiten. Derzeit versuchen wir über diverse Maßnahmen, in allen Bereichen wieder unsere gewohnte Lieferfähigkeit zu erreichen. Es aber wird wohl noch einige Wochen dauern, bis dieses Ziel erreicht ist.

Bis es so weit ist, empfehlen wir Ihnen, unsere wöchentlich aktualisierte Lieferzeitenliste zu nutzen. Dieser Excel-Liste können Sie für jeden einzelnen Artikel die jeweils aktuell geltende Lieferzeit entnehmen. Falls Sie die Liste noch nicht erhalten, senden Sie bitte eine Nachricht an x@y.de, damit wir Sie in den Verteiler aufnehmen.

Beispiel 3: Zu ausführliche Erklärung der Lieferschwierigkeiten und ungeschickte Reihenfolge

Erklärungen sind grundsätzlich gut, es gibt aber auch zu viel des Guten, wie dieses Beispiel zeigt:

Wir müssen davon ausgehen, dass die Corona-Pandemie ein weiteres Mal Auswirkungen auf unsere Lieferfähigkeit hat.

Bisher sind wir zuversichtlich, dass wir die Nachversorgung mit Produktionszutaten weiter sicherstellen können. Was uns jedoch Probleme bereitet, ist der hohe Krankenstand der Mitarbeiter bei uns und vor allem bei unseren Produktionspartnern. Die sich verschärfende Pandemie macht sich mit Infektionen, Verdachtsfällen, Quarantäne/Betreuung von Familienangehörigen etc. immer stärker bemerkbar.

Da wir nicht davon ausgehen können, dass sich die Situation schnell entspannt, möchten wir Sie vorsorglich informieren. Aktuell sind lediglich 7 Prozent unseres Sortiments nicht sofort lieferbar. Wir tun unser Möglichstes, die Lieferbereitschaft weiterhin hoch zu halten!

Hm, die haben lauter kranke Mitarbeiter und Lieferanten mit noch höherem Krankenstand? Sie rechnen auch nicht mit schneller Besserung? Das wirkt ja schon mal nicht sehr professionell. Dabei ist doch eigentlich (noch) alles in Ordnung: Wenn „lediglich 7 Prozent unseres Sortiments nicht sofort lieferbar“ sind, ist das eigentlich eine gute Nachricht. Leider wird sie grottenschlecht verkauft.

Die Warnung, dass sich das in Zukunft ändern könnte, hat für sich genommen keinen Nutzen für die Kunden des Unternehmens. Den gäbe es nur, wenn die Kunden genau wüssten, welche Artikel davon betroffen sind, damit sie die Versorgungsengpässe durch Vorratshaltung ausgleichen oder anderweitig reagieren könnten.

Es geht auch geschickter:

Trotz erschwerter Rohstoffversorgung und erhöhten Krankenstands als Folge der Corona-Pandemie konnten wir in den letzten Monaten unsere Lieferfähigkeit fast vollständig erhalten: 93 Prozent unserer Artikel sind derzeit auf Lager und sofort lieferbar.

Lieferkettenprobleme und Rohstoffmangel führen aber zu Schwierigkeiten bei der Produktion von X und Y. Die Liste der betroffenen Artikel und die aktuellen Lieferzeiten finden Sie im Anhang/unter diesem Link. Wir arbeiten weiterhin intensiv daran, die Engpässe zu beseitigen.

Fazit

Es genügt nicht, nur die Ursache der Lieferschwierigkeiten zu erklären. Aus Kundensicht ist es noch viel wichtiger, verlässliche Aussagen zu den zu erwartenden Lieferzeiten zu bekommen. Dazu jeweils aktuelle Übersichten zu erstellen und den Kunden zugänglich zu machen, bedeutet zwar einen Zusatzaufwand für Ihr Unternehmen. Es ist aber eine Serviceleistung, die Ihnen noch dazu viele unnötige Anfragen Ihrer Kunden ersparen kann.

Ein ähnlich unangenehmer Schreibanlass, für den wir ebenfalls Tipps zusammengestellt haben, ist die Ankündigung von Preiserhöhungen. Oder möchten Sie demnächst Ihre neuen Kataloge verschicken? Dann interessiert Sie vielleicht unser Blogpost zum Formulieren eine Begleitbriefs zum Katalogversand.


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