rote Mailbox mit Brief

Wenn englisch, dann richtig – bitte ohne Pseudoanglizismus!

Kürzlich haben wir uns mit der Frage beschäftigt, ob und wann man Bindestriche verwendet, wenn man zusammengesetzte englische Begriffe in deutschen Schreiben verwendet. Inzwischen gibt es ja ziemlich viele Anglizismen – also englische Ausdrücke, die Eingang in unsere Sprache finden. Oft liegt das daran, dass es für einen Begriff keine echte oder nur eine sehr umständliche deutsche Entsprechung gibt.

Anglizismen sind grundsätzlich okay

Man könnte z. B. statt Electronic Banking auch „Abwicklung von Bankgeschäften auf elektronischem Wege“ schreiben. Oder die Happy Hour durch „eine Stunde, in der alkoholische Getränke verbilligt angeboten werden“ ersetzen. Sprachpuristen würden sich darüber vielleicht freuen. Alle anderen Leser würden sich eher wundern.

Wo ein Anglizismus sinnvoll ist, können Sie ihn also unbesorgt übernehmen, solange Sie sich dabei an die jeweils passenden Rechtschreibregeln halten. Andererseits gibt es auch viele Anglizismen, die überflüssig sind, weil es für sie einen deutschen Ausdruck gibt, der den Sachverhalt genauso trifft und außerdem von jedem verstanden wird. Dann empfehlen wir natürlich die Wahl des deutschen Begriffs.

Eine schöne Auswahlhilfe bei der Entscheidung „Anglizismus oder nicht“ bietet übrigens die Lektorin Dr. Sandra Meinzenbach auf ihrem Blog Textskizzen.

Und was bitte ist ein Pseudoanglizismus?

Ein Schein- oder Pseudoanglizismus ist ein Begriff, der mit englischen Wörtern gebildet, aber von englischen Muttersprachlern nicht verwendet bzw. teilweise überhaupt nicht verstanden wird. Er macht auf Englisch, ist aber schlicht eine deutsche Fehlübersetzung.

Häufig wird als Beispiel der Coffee to go angeführt. Das ist aber zwar kein eindeutiger Pseudoanglizismus, denn für Speisen und Getränke, die man im Gehen verzehrt, verwenden auch Engländer oder Amerikaner den Begriff to go. Wenn man aber Pizza oder Sushi für Zuhause kauft, ist es take away food.

Weitere Scheinanglizismen, die Sie vermeiden sollten

Nun ist das mit dem Kaffee ja ohnenhin kein zentrales Thema, denn in der Geschäftskorrespondenz oder anderen Texten für Ihre englischsprachigen Leser werden Sie es nicht so oft brauchen. Es gibt aber noch mehr Pesudoanglizismen, auf die Sie im geschäftlichen Zusammenhang hereinfallen und damit tatsächlich auf Unverständnis stoßen könnten. Typische Beispiele sind:

Beamer
Handy
Service Point

Die heißen nämlich in echtem Englisch:

projector
mobile phone
information desk

Falls Sie über Ihre Branche schreiben möchten, ist das übrigens nicht die branch (= Ast oder auch Bank), sondern die industry. Und wenn Sie Ihren Chef erwähnen, ist er der boss, denn die Bezeichnung chef ist im Englischen für den Küchenchef reserviert.

Vorsicht bei Reisen mit der Bahn!

Besonders lustig finde ich einen Pseudoanglizismus, den die Deutsche Bahn in die Welt gesetzt hat: Falls Sie einem englischen Korrespondenzpartner empfehlen, er möge doch das Angebot Rail & Fly nutzen, wird er sich sehr wundern. Übersetzt heißt das nämlich „Fluchen und Fliegen“ (to rail = schimpfen, lästern, fluchen). Das kann zwar passieren, wenn man mit der Bahn zum Flughafen reist. Aber gemeint war sicher Rail & Flight (= Schiene und Flug).

Pseudoanglizismus - ein Begriff, der englisch klingt, den aber kein Engländer versteht


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Kommentare

5 Antworten zu „Wenn englisch, dann richtig – bitte ohne Pseudoanglizismus!“

  1. Astrid

    Liebe Barbara,
    besonders erschreckend finde ich, dass die Deutschen in Massen zum public viewing gehen. Mir persönlich macht es nicht so viel Spaß, einen Verstorbenen zu betrachten.
    Liebe Grüße 🙂

    1. Barbara

      Ja, das ist auch ein schönes Beispiel für einen Pseudoanglizismus – die meisten Engländer oder Amerikaner fänden es wohl auch bizarr, wenn sie zu einer Leichenschau mit Bier und Vuvuzela gebeten würden …

  2. Eckhard

    Ich habe da einen anderen Blick drauf. Aus meiner Sicht kommt man in der internationalen Korrespondenz am Englischen kaum noch vorbei. Man kann sich dem kaum noch entziehen, egal woher man kommt. Damit ist das Englische dann aber auch gewissermaßen zum „kulturellen Eigentum“ der ganzen Welt geworden, nicht mehr nur der angelsächsischen Länder. Also hat doch auch die ganze Welt eine Art „Bestimmungshoheit“ über die weitere Entwicklung von Semantik, Satzbau und Grammatik des Englischen. Wenn also z.B. in Deutschland ein neuer englischer Begriff entsteht, warum sollte nicht anderen des Englischen Mächtigen, seien es muttersprachliche oder seien es Menschen, die es als Fremdsprache gelernt haben, vorgeschlagen werden, diesen Begriff zu übernehmen? Warum sollte nicht Leute mit allen möglichen Muttersprachen das Englische weiterentwickeln und neue Begriffe in die Sprache einbringen? Da können die, die es als Muttersprache sprechen, noch profitieren in dem sie pfiffige neue Begriffe lernen. Man kann zum Beispiel während eines Vortrags en passant sagen: „I’ll now turn on the beamer. That’s what we call the LCD-projector in Germany because its a quite suitable term for this device.“ Was haben nicht in der Antike Leute, die semitische Sprachen als Muttersprachen hatten, alles an neuem Vokabular und neuer Syntax in die griechische Sprache eingebracht und sie dadurch bereichert….Da wünsche ich mir ein bisschen mehr Selbstbewusstsein. Die SprecherInnen von allen möglichen Pidgin- und Kreolversionen des Englischen haben das längst. Es ist unser aller Englisch geworden, lasst es uns gestalten.

    1. Barbara

      So kann man das natürlich auch sehen 🙂

  3. Peter Forster

    Ja, ich finde auch „das kann man durchaus“ so sehen. Und ehrlich gesagt, ist mir die englische Sprache dabei noch ziemlich egal… Was ist mit unserer EIGENEN Sprache ? Die wird seit Jahren „umgebaut“ und angeblich vereinfacht… Bis hin in die letzten Winkel der Schriftform, werden Begrifflichkeiten, vor alle von Jugendlichen, angenommen und verwendet. Es werden schon hunderte von türkischen und arabischen „Wörtern oder Begriffen“ in der ein oder anderen Form, in der alltäglichen Sprache benutzt. Das wird die „heutige Jugend“ ja in ein paar Jahren nicht wieder „ablegen“ ☺ Sprachen entwickeln sich IMMER weiter. …und solange wir Kontinente samt Einwohnern nicht wie „google chrome“ in „real time“ synchronisieren können, werden sie sich auch kontinental unterschiedlich – bzw. etwas voneinander abweichend – entwickeln. But… anyway, we and our habibis will „raff this“ also „chilled mal“

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