Behördendeutsch: von Zweitschriften und Ablichtungen

Das Wort „Kopie“ scheint im Behördendeutsch verpönt zu sein: In Schreiben von Behörden und behördenähnlichen Einrichtungen habe ich dafür bereits folgende Synonyme gefunden:

Zweitschrift
Abschrift
Durchschrift
Ablichtung
Mehrfertigung

Diese Begriffe wirken vor allem deswegen so veraltet, weil sie sprachlich noch die Arbeitsprozesse der Industrialisierung widerspiegeln: Früher musste, wer mehrere Exemplare eines Dokuments haben wollte, sie abschreiben (lassen) oder sie mit Kohlepapier auf weitere Blätter durchschreiben. Insofern ist die Ablichtung schon fortschrittlicher. Trotzdem rate ich für alle, die geistig bereits im 21. Jahrhundert angekommen sind, zur Verwendung des Wortes Kopie. Gegebenenfalls ist die Kopie auch ein Scan.

Die Mehrfertigung wird von einem meiner Seminarkunden übrigens energisch verteidigt, weil es sich eben nicht um eine Kopie, sondern um eine weitere Ausfertigung des Dokuments mit einer Originalunterschrift handele. Im Briefkontakt mit externen Ansprechpartnern würde ich das dann auch genau so schreiben:

Wir senden Ihnen zwei Exemplare des (XY-Dokuments). Bitte  …

Weitere Überlegungen und Tipps zum Thema Behördensprache finden Sie auf unserer Übersichtsseite Best of Behördendeutsch.


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Kommentare

8 Antworten zu „Behördendeutsch: von Zweitschriften und Ablichtungen“

  1. Daniela Bucher

    Habe ein Schreiben erhalten mit „Nachdruck nur mit vorheriger Genehmigung“. Bedeutet dies, dass ich das Schreiben nicht kopieren darf, um es an Behörden weiterzuleiten?

    1. Barbara

      Hm, also meines Wissens ist das ein Vermerk, der sich auf die Verbreitung von urheberrechtlich geschützten Werken bezieht. Er steht beispielsweise in Büchern mit Unterrichtsmaterial, das Lehrer nicht einfach kopieren und an ihre Schüler ausgeben dürfen. Ich denke nicht, dass er für ein Schreiben greift, das Sie aus irgendwelchen Gründen an eine Behörde weiterleiten möchten. Das ist aber nur meine persönliche Meinung, keine Rechtsauskunft, da ich keine Juristin bin.

    2. Moritz

      Das ist sachlich unrichtig. Eine Zweitschrift ist gerade KEINE Kopie.

      1. Judith+Barbara

        Für die Zweitschrift gelten dieselben Überlegungen wie für die Mehrfertigung 🙂

  2. Timur Gasanov

    Hat das irgendwas mit einer schulversäumniss anzeige zu tun?

    1. Barbara

      Nein, hier ging es um andere Behördenschreiben.

  3. Andreas

    Hallo,
    gibt es denn Begriff „Drittschrift“ im Bezug auf die „Zweitschrift“?
    Soll heißen, nachdem bereits eine zweite Anfertigung erstellt wurde, soll eine weitere Anfertigung erstellt werden?
    Oder werden im Behörden/Business-Deutsch Kopien immer als Zweitschrift und nie als Dritt-/Viert..-schrift bezeichnet?
    Danke

    1. Barbara

      Hallo Andreas, es würde mich nicht wundern, wenn es in Behörden auch eine Dritt- oder Fünftschrift gäbe, aber sicher bestätigen kann ich das nicht. Unsere Mission ist es, solche Begriffe zu vermeiden und durch bessere zu ersetzen. 🙂

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