Immer wieder stoße ich in Restaurants und Cafés auf besonders originelle Speisekarten. Als Briefprofi kann ich da mitunter nicht widerstehen: Ich muss sie einfach fotografieren und kommentieren. Diese Menükritik ist allerdings rein sprachlich und orthografisch gemeint – als Restauranttesterin bin ich Laie und halte mich raus.
Meine Lieblingsbeispiele für unfreiwillig komische Speisekarten
Natürlich ist es gar nicht so einfach, jedem Gericht auf der Karte einen ansprechenden und unverwechselbaren Namen zu geben. Manchmal misslingt das auf recht erheiternde Weise.
Feines Lokal, skurrile Karte
Es ist eine etwas seltsame Mode, Gerichte auf der Speisekarte mit einem bestimmten Artikel zu versehen. Dann gibt es eben kein unbestimmtes Paniertes Schnitzel, sondern Das Schnitzel nach Wiener Art. Besonders originell wird das Ergebnis, wenn dann noch die Groß- und Kleinschreibung durcheinandergeraten und konsequent auf Bindestriche verzichtet wird.
Wenn das Wetter es wieder erlaubt, werde ich demnächst ins Eiscafé gehen. Dann bestelle ich wahrscheinlich
Die Kugel Vanille Eis, Die Schoko Soße & Die Geschlagene Sahne
von der Allgäuer Kuh
Oder vielleicht doch nur Vanilleeis mit Schokosoße und Sahne?
Der Chef im Salat
Ein Chef-Salat findet sich auf so mancher Speisekarte. Typischerweise handelt es sich dabei um eine deftige Kreation mit Eiern, mehreren Fleischsorten, Gurken und Käse.
Auf dieser Karte herrscht eine besondere Ordnung: Im Hähnchen-Salat sind (logischerweise) Hähnchenstreifen, im Zander-Salat Zanderstreifen und im Chef-Salat … äh …
Was sagt uns das über den Chef des Hauses? Er scheint keine besonders hohe Meinung von sich zu haben. Immerhin muss man froh sein, dass er sich nicht selbst in Streifen an die Gäste verfüttert …
Vorsicht mit Bindestrichen und Anführungszeichen auf der Speisekarte
Jenseits der begrifflichen Kuriosität ist da noch die Durchkopplungs-und-Anführungszeichen-Sache. Ein Chef-Salat könnte problemlos auch als Chefsalat geschrieben werden. Er ist in jedem Fall der Salat des Chefs bzw. nach Art des Chefs. Ein Salat-Chef ist aber der Chef des Salats – das ist wie beim Küchenchef und der Chefküche.
Die Anführungszeichen retten diese eigenwilligen Sprachkreationen auf der Speisekarte dann auch nicht mehr. Der „Salat-Chef“ braucht sie genauso wenig wie der „Chef-Salat“. Noch schräger wäre nur der „Chef“-Salat – denn damit würde der Chef zusätzlich zu verstehen geben, dass er gar nicht der Chef ist …
Nun ja, genug herumgestochert. Ich hatte beim Studieren der Salatkarte in diesem Lokal jedenfalls meinen Spaß und habe dann ein Schnitzel bestellt.
Beispiele für orthografisch originelle Speisekarten
Menschen, die Speisekarten schreiben, haben dieselben Rechtschreibfragen und -probleme wie andere Leute. Deswegen finde ich bei der Lektüre des Speisenangebots meist ähnliche Fehler wie beim Lesen von Korrespondenz: Falsche Groß- oder Kleinschreibung, fehlende oder falsch gesetzte Satzzeichen (besonders oft bei Komma, Apostroph und Anführungszeichen), falsch geschriebene Wörter. Hier eine kleine Auswahl:
Mit Dialekt? Gern, aber bitte ohne falschen Apostroph
Einst war auch ein großer Hans mal ein kleines Hänschen, das in der Gaststätte statt eines großen Tellers Suppe nur ein Tellerlein mit einem Süppchen bestellte. Gewiss aber bestellte kein Häns’chen jemals ein Teller’lein mit einem Süpp’chen. Die Verkleinerungsform (Diminutiv) wird im Deutschen nämlich nur durch das Anhängen der Verkleinerungssilbe -lein oder -chen gebildet. Weil dabei kein Buchstabe ausgelassen wird, brauchen wir dazu auch kein Auslassungszeichen (Apostroph).
Und wie ist das mit den Verkleinerungsformen im süddeutschen Dialekt?
Im Prinzip genauso, nur dass im Dialekt aus dem -lein ein -le oder -l geworden ist. Diese Endung wird einfach an den zu verkleinernden Begriff angehängt. Wenn also unser Hänsel ein kleiner Schwabe ist, bestellt er ein Süpple oder ein Brotzeitbrettle. Der bayerische Hansl wird dagegen ein Supperl oder Brotzeitbrettl bestellen.
Kein Hans’l, kein Brett’l, kein Apostroph beim Diminutiv!
Auf den Speisekarten im süddeutschen Raum halten sich diese überflüssigen Apostrophe trotzdem hartnäckig. Das ist aber nicht alpenländisch-authentisch, sondern schlicht falsch:
Übrigens wäre auch zu fragen, warum der Allgäuer Wurstsalat hier ein „Allgäuer Wurstsalat“ ist. Stimmt mit dem was nicht? Ist der gar nicht echt, sondern am Ende ein hochdeutscher Wurstsalat, der nur so tut, als ob er ein Allgäuer wäre? Das kann schon sein, denn der echte Allgäuer Wurstsalat wird mit Fleischwurst gemacht und ist nicht „vom Leberkäse“.
Groß- und Kleinschreibung auf der Speisekarte
In einem sehr netten Café gabelte ich diese orthografisch originelle Speisekarte auf:
Etwas Heißes für die kalten Tage ist zweifellos ein verlockendes Angebot. Aber da ist diese Sache mit der Groß- und Kleinschreibung: Als Adjektiv wird heiß kleingeschrieben. Wird der heiße Tee aber als was Heißes betrachtet, wird er zum Substantiv. Substantive schreibt man groß.
Eine ähnliche Herausforderung scheint die Tageszeit zu sein. Wer mittags ins Café geht, möchte dort vielleicht etwas zu Mittag essen. Hier haben wir es ebenfalls mit zwei Wortarten zu tun, nämlich mit einem Adverb (mittags) und einem Substantiv (Mittag).
Am Samstag und Sonntag gibt es übrigens keineswegs mittags Karte. Das wäre vielleicht auch ein bisschen trocken beim Kauen. Man darf vielmehr davon ausgehen, dass es mittags warme Gerichte gibt. Die stehen dann auf der Mittagskarte. Guten Appetit!
Zum Schluss noch etwas zum Schmunzeln
Was auch immer das sein mag, was da aus der Nordsee kredenzt wird: Wohl bekomm’s!
Falls Sie sich nicht nur für orthografisch originelle Speisekarten, sondern auch für weitere Tipps zum korrekten Schreiben interessieren, empfehlen wir unsere Seiten Best of Rechtschreibung und Best of Satzzeichen.
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