Man könnte meinen, eine Verneinung sei eine eindeutige Sache. Nein heißt Nein und wenn man etwas nicht tun darf, tut man es nicht. Ersteres stimmt, das zweite nicht.
Wann ein Verbot nicht wirkt
Neulich habe ich eine Burgruine besichtigt. Eine große, gut erhaltene Anlage in traumhafter Lage auf einem Berggipfel, wunderschön. Kaum war ich durch das Burgtor geschritten, sah ich aber etwas, das ich nicht erwartet hätte und das auch definitiv nicht dorthin gehört:
Was ist hier passiert? Warum schleppen Wanderer ihre vollen, schweren Flaschen und Dosen bis zur Burg hinauf, um dann die leeren, leichten Gefäße an diesem Sehnsuchtsort abzulagern? Und das, wo doch extra ein Schild darüber hängt, dass man das bitte nicht tun soll.
Ich denke, dass hier zwei Mechanismen am Werk sind:
1. Bilder wirken stärker als Worte
Die Fässer sehen wie Mülltonnen aus. Der körperlich wie geistig ermattete Wanderer sieht eine „Mülltonne“ und wirft etwas hinein, ohne groß nachzudenken. Wenn es daneben fällt, denkt er sich höchstens: „Es liegt ja ohnehin schon einiges daneben, da kommt es auf meine Dose auch nicht mehr an …“
2. Das Schild ist als Verneinung und damit unglücklich formuliert
Keine Mullablagerung? Man kann Ü-Pünktchen übrigens notfalls auch von Hand über ein u malen, so wird aus dem Mull schnell (k)ein Müll.
Sie kennen sicher das Rosa-Elefanten-Phänomen: Sie lesen oder hören die Aufforderung: „Denken Sie jetzt nicht an einen rosa Elefanten!“ Schon sehen Sie vor Ihrem inneren Auge – genau: jedenfalls nicht keinen rosa Elefanten.
Es ist nicht so, dass das Gehirn keine Verneinungen verarbeiten könnte. Es braucht nur etwas länger dazu. Wenn aber auf diesem Schild „Keine Mullablagerung“ zu lesen ist und darunter diese Tonnen mit Abfällen stehen, dann bleibt offensichtlich bei vielen Leuten nur „Müllablagerung!“ hängen. Die machen sie prompt auch brav.
Mein Rat an die Burgenverwaltung wäre daher:
Verzichten Sie auf die unwirksame Verneinung!
Zunächst räumen Sie die Tonnen weg und hängen Sie das Schild ab. Dann kommen sowieso viel weniger Leute auf die Idee, ihren Müll abzuladen. Falls das doch jemand tut, formulieren Sie eine klare Aufforderung ohne Negation:
Dies ist ein historischer Ort, den viele Menschen sehen möchten. Bitte nehmen Sie leere Flaschen und andere Abfälle wieder mit, wenn Sie ihn verlassen. Sie können sie in den Mülltonnen am Parkplatz entsorgen.
Was können Sie daraus für Ihre Geschäftskorrespondenz lernen?
Sie machen es dem Leser leichter und erzielen eher die von Ihnen gewünschte Wirkung, wenn Sie statt einer Verneinung eine konkrete Aufforderung formulieren.
Beispiel:
Bitte parken Sie wegen der Gefahr der Verkehrsbehinderung nicht direkt vor dem Firmengebäude, sondern nutzen Sie das Parkhaus gegenüber.
Besser wirkt:
Bitte parken Sie im Parkhaus gegenüber. Auf der Straße abgestellte Fahrzeuge behindern den Verkehr.
Noch ein Beispiel:
Bitte versäumen Sie es nicht, sich bis zum … zur Weihnachtsfeier verbindlich anzumelden.
Besser wirkt:
Bitte melden Sie sich bis zum … verbindlich zur Weihnachtsfeier an. Wir freuen uns auf Sie!
Schreibe einen Kommentar