Bandwurm- und Schachtelsätze sind typisch für wissenschaftliche Texte und Behördenschreiben. Wahrscheinich, weil man da so viel in einen einzigen Satz packen kann. Die Lesbarkeit verbessert das aber nicht. Ein Schachtelsatz ist nämlich ein kompliziert gebauter Satz mit mehrfach untergeordneten Nebensätzen, der meist auch ziemlich lang ist.
Ich fuhr, noch angenehm gesättigt vom hervorragenden Mittagessen bei meinem Lieblingsitaliener, dessen Lammkoteletts mit Pfifferlingen köstlich gewesen waren, spätnachmittags zu meiner Großmutter, nicht ahnend, dass sie, die um meine Vorliebe für Pilze wusste, mich mit einer riesigen Portion Semmelknödel in Pfifferlingrahmsoße erwartete.
Dieser Satz hat 42 Wörter und zwei Verschachtelungsebenen. Literarisch mag der Satz anregend sein, kulinarisch ist er bereits mehr als reichhaltig und in Sachen (schnelle) Verständlichkeit wirkt er eher unverdaulich. Das macht nichts, wenn Sie ein literarisches Werk für geübte Leser schreiben. Heinrich von Kleist wurde mit seinen dekorativ verschachtelten Sätzen gar zum Modeschriftsteller seiner Zeit.
In der geschäftlichen Korrespondenz haben dagegen die meisten Leser weder Lust noch Zeit, die ineinander verschachtelten Satzteile zu „entschachteln“. Sie werden sich über einen Text, der diese Kunst von ihnen einfordert, vermutlich ärgern. Wenn sie ihn nicht richtig verstehen oder nur scheinbar unwichtige Einschübe überlesen, werden sie deswegen vielleicht sogar die mit dem Schreiben eigentlich gewünschte Handlung unterlassen oder dabei Fehler machen.
Was macht den Schachtelsatz so schwierig zu lesen?
Er reißt Inhalte auseinander, die eigentlich zusammengehören. Im Beispielsatz gehörten zunächst diese Satzteile zusammen „Ich fuhr spätnachmittags zu meiner Großmutter.“ Das erfährt der Leser aber erst, nachdem er sich geistig mit dem Sättigungsgefühl, dem Lieblingsitaliener und den Lammkoteletts auseinandergesetzt hat. Da wirkt der Sprung zur Großmutter zunächst einigermaßen verwirrend. Man muss also erst alles lesen, um herauszufinden, was zusammengehört und sich dann den Sinn zu erschließen.
Dabei ist es ganz einfach, Schachtelsätze zu vermeiden
Sie können ihn in einzelne Hauptsätze auflösen.
Mittags war ich bei meinem Lieblingsitaliener gewesen und hatte köstliche Lammkoteletts mit Pfifferlingen gegessen. Spätnachmittags fuhr ich zu meiner Großmutter. Ich war immer noch angenehm satt. Was ich nicht wusste: Sie hatte sich an meine Vorliebe für Pilze erinnert und erwartete mich mit einer riesigen Portion Semmelknödel in Pfifferlingrahmsoße.
Für die biologische Verdauung des Erzählers lässt das zwar immer noch nichts Gutes erwarten, leichter verständlich ist der Text so aber gewiss.
Natürlich habe ich Ihnen auch ein Beispiel für einen Schachtelsatz aus der Geschäftskorrespondenz mitgebracht. Es stammt aus dem Organisationshandbuch eines Kreditinstituts, in dem sich die Mitarbeiter über die internen Prozesse informieren sollten. In diesem Abschnitt geht es konkret um die Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Bankkunden und die Dokumente, die dazu vorgelegt werden sollen. EST ist dabei das Kürzel für „Einkommensteuer“. Hier habe ich mich für die Auflösung der Verschachtelung durch eine Aufzählung entschieden:
Weitere Überlegungen und Tipps zum Thema Behördensprache finden Sie auf unserer Übersichtsseite Best of Behördendeutsch.
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