Anführungszeichen (auch bekannt als „Gänsefüßchen“) haben auch jenseits der Kennzeichnung einer wörtlichen Rede eine Funktion. Nur: welche? Wann setzt man sie, wann kann und wann sollte man auf sie verzichten? Diese Fragen wurden bei einem meiner jüngeren Projekte aufgeworfen, als ein Redakteur aus einem meiner Texte alle Anführungszeichen gestrichen hatte, die nicht zur Kennzeichnung einer wörtlichen Rede dienten. Seine Begründung:
„Mit den Anführungszeichen sagen Sie, dass Sie sich von einem Begriff distanzieren. Aber ich mag es nicht, wenn Sie etwas schreiben und gleichzeitig zeigen, dass sie es nicht so meinen. Dann schreiben Sie doch gleich etwas anderes, nämlich das, was Sie meinen.“
Strittig waren beispielsweise die Sätze:
Nicht jeder ist die geborene „Rampensau“. (…) Manche Chefs machen sich einen Spaß daraus, Mitarbeiter bei Präsentationen regelrecht zu „grillen“.
Der Redakteur argumentierte mit der DUDEN-Rechtschreib-Regel Nr. 8
Anführungszeichen können vor und hinter Wörtern oder Textstücken stehen, die hervorgehoben werden sollen. Dazu gehören:
1. Wörter oder Wortgruppen (z. B. Sprichwörter, Äußerungen), über die man eine Aussage machen will.
Etwa: Wir diskutieren hier darüber, ob das Wort „Rampensau“ mit oder ohne Anführungszeichen geschrieben werden sollte.
2. ironische Hervorhebungen.
Zum Beispiel: Diese „Rampensau“ hielt einen sagenhaft langweiligen Vortrag.
3. zitierte Überschriften, Werktitel (z. B. von Büchern, Filmen, Musikstücken), Namen von Zeitungen und Ähnliches.
„Die Rampensau“ wäre auch ein schöner Titel für einen Film über Wolfgang Amadeus Mozart.
So gesehen hätte der krittelnde Redakteur recht gehabt: In den strittigen Sätzen lag keiner dieser drei Fälle vor. Allerdings hatte er nur in Duden Band 1 (Die deutsche Rechtschreibung) geblättert. Ich dagegen war mir sicher, dass man Anführungszeichen auch dann verwenden sollte, wenn man ein Wort im übertragenen Sinne, also in einer anderen als seiner ursprünglichen Bedeutung, verwendet.
Anführungszeichen können noch mehr
Ich hatte ja nicht über tobende Schweine oder ein fröhliches Grillfest geschrieben, sondern über Menschen, die ein Publikum so richtig mitreißen bzw. einen Mitarbeiter in eine sehr unangenehme Situation bringen.
So steht es auch im Duden Band 9 (Richtiges und gutes Deutsch, S. 74):
„Besondere Arten der Hervorhebung (…), in denen die Anführungszeichen Ironie, Distanzierung, übertragenen oder wortspielerischen Sprachgebrauch anzeigen“
Auch in der WELT werden Leute übrigens „gegrillt“ und nicht etwa gegrillt, wie dieses Fundstück vom 08.10.2015 zeigt:
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