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E-Mails: ein Plädoyer für Stil und Form

Obwohl ja immer wieder einmal behauptet wird, die E-Mail sei tot, ist sie in der Geschäftskorrespondenz nach meiner Erfahrung noch durchaus lebendig. Nun las ich erst gestern in einem Artikel in der Wirtschaftswoche online, für kleine Unternehmen und Start-ups seien E-Mails mit Anrede und Grußformel viel zu umständlich. Denn da habe man viel zu tun und keine Zeit mit solchen Formalitäten zu verplempern. Deswegen solle man lieber einfache Chatprogramme nutzen und jeweils ohne „belanglose Nettigkeiten“ gleich zur Sache kommen.

Ist E-Mail-Etikette also einfach nicht mehr zeitgemäß?

Nun ja. Ich habe auch ziemlich viel zu tun, und das gilt für die meisten Leute, mit denen ich beruflich korrespondiere. Trotzdem habe ich immer genug Zeit, um eine Anrede und einen Gruß zu schreiben. Vielleicht liegt das daran, dass ich nicht für jeden Pipifax eine E-Mail schreibe, sondern das nur tue, wenn es wirklich etwas mitzuteilen gilt (und dann nur an die Leute, die es auch betrifft). Natürlich habe ich auch Kontakte, zu denen im Laufe der Jahre ein sehr freundschaftliches Verhältnis entstanden ist. Wenn da E-Mails hin- und hergehen, sind das mitunter auch nur Einzeiler oder Halbsätze ohne Drumherum, wie sie im Freundes- oder Familienkreis geschrieben werden.

Diese Formlosigkeit ist dann nicht die Folge von Effizienzdenken, sondern von gewachsener Vertrautheit und persönlicher Bindung. Das aber ist in der geschäftlichen Korrespondenz die Ausnahme, nicht der Standard.

Beim Lesen des WiWo-Artikels musste ich daher gleich an einen jungen Projektmanager denken, der seit Kurzem bei einem meiner Kunden arbeitet. Er kommuniziert wahlweise in Einzeilern, die von seinem Smartphone gesendet werden oder in sehr langen E-Mails, die an sehr viele Personen im Verteiler gehen. Folgende Anreden hat er zuletzt gebraucht (wenn er überhaupt welche verwendet):

Hallo, …

Hallo zusammen, …

Frau Kettl-Römer, …

Wenn es am Ende eine Grußformel gibt – vom Handy aus gibt es keine –, lautet sie:

Beste Grüße

Danke, Grüße

Hallo? Ist das jetzt schlimm?

Ich meine: Ja. Auf mich wirkt diese Form- und Achtlosigkeit unhöflich und respektlos. Ich kenne den Mann kaum und habe mit ihm insgesamt dreimal gesprochen; wir sind also keine alten Kumpels. Ich arbeite gerne für meine Kunden und verstehe mich ganz klar als Dienstleisterin. Aber nicht als Dienstbotin, die man mit knappen Befehlen dirigiert.

E-Mails ohne Anrede und Gruß sind unhöflich

Die Formlosigkeit privater Chats sollte nicht aus Gedankenlosigkeit oder wegen vermeintlicher Effizienzgewinne auf die Geschäftskorrespondenz übertragen werden. Ganz besonders nicht, wenn Sie an Kunden schreiben. Höflichkeit verursacht vielleicht ein bisschen Aufwand, drückt aber Respekt und Wertschätzung aus und ist damit von ihrer Wirkung her unbezahlbar.

Mehr darüber, wie Sie E-Mails im Sinne Ihrer Kunden schreiben, lesen Sie übrigens auch in meinem Buch Kundenorientierte Korrespondenz, das 2015 in zweiter, aktualisierter Auflage erschienen ist. Sie können es über diesen Link direkt bei Amazon bestellen (Partnerlink*).

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Kommentare

2 Antworten zu „E-Mails: ein Plädoyer für Stil und Form“

  1. KIA

    Hallo und Guten Abend liebe Barbara,
    bin heute auf Ihren Blog gestoßen- sehr hilfreich! Ich speichere mir die Seite gleich ab.
    Auch wenn der Beitrag schon etwas her ist…. ich gehöre auch zu den Menschen, die ordentlich angeredet werden möchten. Mir fällt auf, dass insbesondere Männer (auch Vorgesetzte) einfach nur „Hallo“ schreiben. Ich finde das ebenfalls respektlos, von dieser immer mehr um sich greifenden Duzerei fange ich lieber gar nicht erst an.
    Einen schönen Abend & weiterhin viel Spaß beim bloggen:-)

    1. Barbara

      Danke für das Feedback und ich freue mich, wenn ich mit meiner Stilliebe nicht allein bin 🙂

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