Noch mehr Behördendeutsch: „Bezug nehmend auf Ihr Schreiben vom …“

Wer „behördisch“ schreibt, liebt offensichtlich Bezüge. Anders ist es nicht zu erklären, warum sich Sätze dieser Art in so vielen Schreiben finden:

„Bezug nehmend auf Ihr Schreiben vom …“
„Unter Bezugnahme auf …“
„Bezüglich Ihrer Anfrage vom …“

In der Regel stehen diese Floskeln am Briefanfang, meist geht es dann noch mit einem Vorreiter weiter: „Bezüglich … müssen wir Ihnen leider mitteilen, dass …“.

Das liegt daran, dass viele Menschen Schwierigkeiten haben, den Briefeinstieg, den ersten Satz eines Schreibens, zu formulieren. Sie haben das Gefühl, man könne doch nicht mitten ins Thema springen und fangen deswegen lieber mit einer vertrauten „Bezüglich-Floskel“ an. So ist der Einstieg leicht zu schreiben und man kann dem Empfänger gleich deutlich machen, worum es geht. Das Ergebnis liest sich aber leider steif, distanziert und umständlich, eben wie Behördendeutsch.

Außerdem vergessen die Absender dabei eines: den Betreff!

Im Betreff eines Briefes oder einer E-Mail steht schließlich, worum es geht. Damit ist der erforderliche Bezug zum Thema bereits hergestellt und es ist schlicht überflüssig, das ein zweites Mal zu tun, nur weil man den Text halt irgendwie anfangen muss.

Und was spricht eigentlich dagegen, direkt am Anfang des Schreibens zur Sache zu kommen? Beispiel:

statt

„Sehr geehrte Frau Jung,

bezüglich Ihres Schreibens vom 19.01. können wir Ihnen mitteilen, dass wir noch zwei Praktikumsplätze zu vergeben haben. (…)

könnten Sie nach dem Betreff gleich Klartext schreiben:

Ihre Anfrage wegen eines „Schnupperpraktikums“

Sehr geehrte Frau Jung,

Ihre E-Mail kam gerade zur richtigen Zeit, wir haben nämlich noch zwei Praktikumsplätze zu vergeben. (…)

Fazit: Trauen Sie sich, im ersten Satz zur Sache zu kommen. Das wirkt frischer und aktiver als ein floskeliger Briefeinstieg.


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Kommentare

8 Antworten zu „Noch mehr Behördendeutsch: „Bezug nehmend auf Ihr Schreiben vom …““

  1. Bitte um Prüfung ob so eien Schreiben korrekt wäre:

    Bezug nehmend auf Ihr Schreiben vom 09.10.2015 und das Telefongespräch mit Frau … vom Schulamt vom 23.02.2016, möchten wir das Klageverfahren wiederaufnehmen und für erledigt erklären.

    1. Barbara

      Dazu meine Einschätzung: Inhaltlich verstehe ich nicht, was „das Klageverfahren wieder aufnehmen und für erledigt erklären“ bedeutet. Wurde eine Klage erhoben und nun zurückgezogen? Sprachlich störe ich mich (wie Sie wahrscheinlich erwartet haben) an „Bezug nehmend“. Ohne den Sachverhalt genauer zu kennen, ist es nicht ganz einfach, eine alternative Formulierung zu finden. Ein Vorschlag wäre z. B. (bei den Schrägstrichen bitte auswählen, was inhaltlich am besten passt):
      „Am 23.02.2016 habe ich mit Frau … vom Schulamt telefoniert. Wir haben den Fall geklärt/eine Lösung gefunden/uns auf das weitere Vorgehen geeinigt. Deswegen ziehe ich die Klage zurück.“

  2. Dana Friedländer

    Bezug nehmend auf Ihre E-Mail möchte ich mitteilen, dass die Bearbeitung noch andauert

    Was bedeutet das oder wie es das schreiben Sie bitte zurück

    1. Barbara

      Das bedeutet „übersetzt“: Auf die eigentliche Antwort auf Ihre E-Mail werden Sie noch eine Weile warten müssen.

  3. Lido

    So ein Unsinn. Für die Nachvollziehbarkeit eines Schreibens ist es notwendig zu wissen, worauf sich dieses bezieht. Das ist der Kontext. Deswegen beginnen die Briefe so.

    1. Barbara

      Stimmt, man muss wissen, worauf ein Schreiben sich bezieht – aus diesem Grund gibt es die äußerst nützliche Betreffzeile 🙂

  4. Der Eisenbergerr 87

    Seit gegrüßt,

    wer könnte mir hier weiterhelfen???

    [unter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom ****** teilen wir ihnen mit, dass in dem Verfahren (Strafrecht) *******eine

    ???SOLLSTELLUNG???

    durch die Justizzahlstelle nicht erfolgt ist.

    Das Schreiben wird dementsprechend als gegenstandslos betrachtet.]

    ?????????????????????????

    1. Barbara

      Oje, das ist ja ein ganz schlimmer Fall von Behördendeutsch. Ich bin keine Juristin und kann daher nichts Verbindliches dazu sagen, aber ich würde diese Formulierung so verstehen, dass Sie ursprünglich etwas zahlen sollten, das nun doch nicht zu zahlen ist. Vorsichtshalber sollten Sie aber versuchen, telefonisch abzuklären, ob das auch die richtige Interpretation ist.

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